Sozialwirtschaft in Berlin unter Beschuss

Veröffentlicht am 15.05.2010 in Informationen

Während sich die heutige Treberhilfe selbst zerlegt, dreschen CDU, FDP und Grüne auf die freien Träger in Berlin ein. Die CDU konstatiert ungenügende Kontrolle und fehlende Sozialplanung und eine systematische Begünstigung von Wildwuchs, Filz und Misswirtschaft. CDU-Landesvize Heilmann schlägt gar vor, Verträge in der Sozialwirtschaft künftig nicht mehr im Zusammenspiel mit Verbänden, sondern über Ausschreibungen zu vergeben. Jasenka Villbrandt (Grüne) sieht sogar das gesamte Hilfesystem außer Kontrolle.

Zweifellos begünstigt die undurchsichtige Geschäftspolitik der Treberhilfe und einiger anderer, dass die gesamte sozialwirtschaftliche Branche in Berlin ins Gerede kommt. Der Blick auf die Fakten zeigt allerdings, dass vom Einzelfall nicht auf das Ganze geschlossen werden darf. Organisationen, Mitarbeiter und Klienten dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden.

Die in der Arbeitsgemeinschaft Liga der Freien Wohlfahrtsverbände Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände ( AWO, DRK, Diakonie, Caritasverband, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland) und die ihnen angeschlossenen freien Träger (, Initiativen, Gruppen, Vereine, Stiftungen, soziale Dienste und Einrichtungen) bieten, erbringen in Berlin wie in anderen Bundesländern Leistungen in den Bereichen der Jugend-, Gesundheits-, Familien-, Behinderten- und Altenhilfe an und sind nach dem weitgehenden Rückzug des Staates aus diesen Bereichen zumeist die einzigen Organisationen, die soziale Dienstleistungen anbieten. Allein unter dem Dach des Paritätischen in Berlin sind über 640 gemeinnützige Mitgliedsorganisationen mit ca. 4.000 sozialen Projekten, Diensten, Einrichtungen und Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen, in denen rund 49.000 hauptamtliche Fachkräfte beschäftigt und mehr als 39.000 Ehrenamtliche aktiv sind. Sie sind gemeinnützig und damit von einigen Steuern befreit, weil die Gewinne nicht privat ausgeschüttet werden dürfen, sondern in der Organisation verbleiben und für gemeinnützige Zwecke investiert werden.

Es ist ein Trugschluss, davon auszugehen, dass finanzielle Mittel dorthin unkontrolliert und ohne Gegenleistung fließen. In der Jugendhilfe z.B. handelt es sich zumeist um von den Jugendämtern auf der Grundlage von Einzelfallentscheidungen nach dem Kinder- und Jugendhilfegesettz (SGB VIII) verfügte Maßnahmen, die nachvollziehbar kontrolliert werden und damit transparent sind. Über eng definierte Leistungskataloge werden Jungendfreizeiteinrichtungen in freier Trägerschaft finanziert. In den Bereichen der Altenhilfe z.B. erfolgen Kontrollen über die Medizinischen Dienste der Krankenkassen bzw. Pflegekassen. Kinderbetreuungsplätze werden über die Abrechnung der von den Bezirksämtern vergebenen Gutscheine nach einheitlichen Gebührensätzen abgerechnet. Dass darüber hinaus auch vielfältige Aufsichtsbehörden, Wirtschaftsprüfer und Finanzämter Einblick in die Unterlagen der freien Träger nehmen, versteht sich von selbst, denn die Gemeinnützigkeit muss regelmäßig nachgewiesen werden.

Bereits 2007 haben sich die im Paritätischen in Berlin zusammengeschlossenen Organisationen freiwilligen Grundsätzen unterworfen (Nonprofit Governance Codex), die das Zusammenwirken von ehrenamtlichen ehrenamtlichem und hauptamtlichem Personal bei der Kontrolle und der Verwendung der Mittel regeln und damit für eine größtmögliche Transparenz sorgen. Schließlich ging es allein 2009 in Berlin um etwa 1,4 Milliarden Euro, die aus unterschiedlichen Bundes- und Landesquellen an die rund 1.400 freien Träger geflossen sind.

Und übrigens hatte auch die Treberhilfe jüngst auf einer viel beachteten Tagung öffentlich Auskunft über ihren „social profit“ gegeben, den sie sich u.a. von der Kienbaum Unternehmensberatung berechnen ließ. Durch die Auswertung der Berichte der Wirtschaftsprüfer und eine Evaluation des Erfolgs ihrer Dienstleistungen im Auftrag zumeist der Bezirksämter konnte errechnet werden, dass für jeden öffentlichen Euro etwa 1,15 € bei Sozialversicherungsträgern oder staatlichen Stellen eingespart werden.

Nach allem, was wir heute wissen, ist die Treberhilfe ein Einzelfallgeht es um wenige Einzelfälle. Im Falle der Treberhilfe konnten Durch durch fehlende interne Kontrollen und das geschickte Ausnutzen der Zugehörigkeit zu zwei Spitzenverbänden konnten deren Kontrollen gezielt umgangen werden. Deshalb müssen Transparenz und Kontrollen in den gemeinnützigen Organisationen der Sozialwirtschaft gestärkt werden. Dies sollte übrigens auch erst recht für die gewerblichen Einrichtungen in privater Trägerschaft gelten, die ebenso öffentliche Gelder in Anspruch nehmen.

Die Berliner SPD hat die heutige Trägerlandschaft mit geschaffen. Gewährleisten statt selber Leistungen erbringen, das war der politische Leitgedanke, in dessen Folge Einrichtungen an freie Träger übertragen wurden und damit auch Kontrolle vom Staat an Verbände (oder an Eigenbetriebe, wie bei den Kitas, womit auch sie der unmittelbaren Kontrolle durch die BVVen entzogen wurden). Die Verbände wurden dadurch Leistungsträger, Geldverteiler, Kontrolleure, und sie wurden stärkere Lobbyisten. Die neue Vielfalt führte auch zu Konkurrenz, zu qualitativen Verbesserungen, zu flexiblerem Handeln, manchmal aber auch zur Unübersichtlichkeit.

Ein Hintergedanke bei der Vergabe an freie Träger war für das Land das Einsparen von Haushaltsmitteln. Gefordert wurde der Einsatz eigener Kräfte und Mittel durch die freien Träger, z.B. bei den EKTs und den Schülerläden. Deshalb erhielten und erhalten sie weniger Geld als die staatlichen Einrichtungen. Was aber, wenn die Träger keine Eigenmittel haben und Elternmitarbeit nicht gefordert werden kann? Dann geht das zu Lasten des Personals und/oder der Qualität. Und der Staat sieht zu.

Das Land Berlin ist seit Jahren nicht mehr Mitglied in der Länder-Tarifgemeinschaft. Die freien Träger, die früher entsprechend dem BAT bezahlten, können das nicht mehr, weil der BAT im Land Berlin nicht gilt. Es mussten Haustarifverträge geschlossen werden. Sind daran die freien Träger schuld? Nein, natürlich nicht.

Es wird Zeit, Klarheit zu schaffen. Die Verbände und Vereine müssen in ihrer Selbständigkeit und Verantwortung unterstützt und gestärkt werden. Sie sind ausreichend auszustatten. Regularien wie Ehrenkodex, Transparenz oder verbindliche regelmäßige Kontrollen sind dabei selbstverständlich.

Rainer Thamm, Bürgerdeputierter

 
 

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